Deutschen Meisterschaften im Sauerland mit Michel Gießelmann, Marcel Furmaniak und Lisa Strothmann
Gütersloh (man). Die Radrennfahrer des RSV Gütersloh haben bei den von den Profis dominierten Deutschen Meisterschaften im Sauerland auf sich aufmerksam gemacht und einige Ausrufezeichen gesetzt. Im Straßenrennen über 210 km und 3.300 Höhenmetern zeigte sich Michel Gießelmann anfangs sehr aktiv und bildete in Arnsberg mit einem weiteren Fahrer die Spitzengruppe. Als 46. und viertbester Amateur zeigte der 23-jährige Bielefelder nach 4:55 Stunden Fahrzeit eine ordentliche Leistung und blieb unter dem selbst gesteckten Ziel einer Platzierung unter den ersten 50. Noch besser lief es für den Stukenbrocker und früheren RSV-Nachwuchsfahrer Johannes Hodapp (4:49:06 Std., Leopard Pro Cycling), der als 28. mit dem Hauptfeld am Kahlen Asten ins Ziel sprintete und in 37:41 Minuten mit 2:10 Minuten Rückstand auf Sieger Lennard Kämna (35:31 Min., BORA-hansgrohe) 15. im Einzelzeitfahren wurde. Ein Ausrufezeichen setzte Lisa Strothmann (RSV Gütersloh). Die 21-jährige Borgholzhausenerin, die erst seit zwei Jahren eine Rennlizenz für den RSV Gütersloh gelöst hat, fuhr in der Frauenklasse U23 bei den Deutschen Meisterschaften im Einzelzeitfahren über 28 km mit 632 Höhenmetern sensationell auf den vierten Platz und verpasste das Podium in 45:45 Minuten nur um 36 Sekunden. Lange schien es sogar so, dass die als fünfte gestartete und als zweite im Ziel angekommene RSVerin das Zeitfahren gewinnen könnte, doch von den letzten fünf gestarteten Fahrerinnen konnten sich noch die Siegerin Ricarda Bauernfeind (42:04 Min., Canyon/SRAM Racing), Linda Riedmann (44:15 Min., Team Jumbo Visma women) und Judith Krahl (45:10 Min., RSV Finsterwalde) vorbei schieben. Flott unterwegs waren zudem Marcel Furmaniak (40:57 Min.) als 37. in der Männer-Eliteklasse und Lydia Ventker (45:37 Min.) als 16. im Elitefeld der Frauen.
Der für ein Zeitfahren extrem wellige und steile Kurs in Marsberg kam Lisa Strothmann entgegen. Als fünfte von der Startrampe gerollt galt es nach wenigen Metern den ersten 1,7 km und bis zu 15 Prozent steilen Anstieg zu meistern. „Den ersten Anstieg bin ich Vollgas hochgefahren“, so die Borgholzhausenerin, die an der Uni Bielefeld im Masterstudiengang Mathematik, Physik und Informatik studiert. Schnell kam die erste eine Minute vor ihr gestartete Konkurrentin in Sicht und als nach gut 20 km der letzte 2,3 km lange „Scharfrichter“ wartete, war Lisa Strothmann, die in diesem Jahr schon Zehnte bei den Duathlon-Europameisterschaften und Sechste bei den Duathlon-Weltmeisterschaften geworden war, bereits auf den zweiten Platz vorgefahren. „Mit dem Erfolg hatte ich selber nicht gerechnet. Ich wollte eine vordere Platzierung, aber dass es so gut läuft, damit hatte ich selber nicht gerechnet“, war die 21-jährige RSVerin selber überrascht. Zum Sieg reichte es dann am Samstag im Bildchen-Sprint, einem 8 km langen Bergzeitfahren in Siedlinghausen bei Altastenberg mit 240 Höhenmetern Different. In 18:22 Minuten fuhr Strothmann, deren eher untypisches und heutzutage ohne Wattmessung eigentlich undenkbares Radtraining aus dem täglichen Weg mit dem MTB zur Uni (30 km) und einer weiteren Rennradeinheit von gut 30 km besteht. Beim Bildchen-Sprint waren zudem Schwester Sarah (RSV Gütersloh) sowie Vater Dirk und Mutter Antje (LC Solbad) erfolgreich, die jeweils ihre Altersklasse gewannen. „Das war ein schönes Wochenende im Sauerland“, so Vater Dirk Strothmann. Nach zwei Highlights lief das Straßenrennen der Frauen am Sonntag über 130 km nicht ganz so erfolgreich für Lisa Strothmann. „Ich hab mich gut gefühlt und wäre gerne zu ende gefahren“, so die Borgholzhausenerin, doch die Profis sorgten auf dem selektiven Kurs im Sauerland von Beginn an für ein hartes Ausscheidungsfahren, bei dem nur 16 der insgesamt 68 Frauen in der Karenzzeit das Ziel auf dem Kahlen Asten erreichten. Lisa Strothmann wurde wegen zu großem Rückstand mit einer größeren Gruppe nach gut 70 km aus dem Rennen genommen.
Im Straßenrennen bei einer Deutschen Meisterschaft am Start zu stehen ist an Sich schon ein Leistungsnachweis und Auszeichnung zugleich. Für den zu Saisonbeginn Re-Amateurisierten Michel Gießelmann und Ex-Profi Marcel Furmaniak vom RSV Gütersloh ein Ansporn zugleich. „Mit der Runde hatte ich noch ein Rechnung offen“, so Gießelmann, der im vergangenen Jahr an der Arnsberger Wand mit einem technischen Defekt den Anschluss an das Feld verlor und gleichzeitig die Führung in der Bergwertung der Bundesliga. In diesem Jahr führte Gießelmann in Arnsberg zusammen mit einem weiteren Fahrer mit einem kleinen Vorsprung das mit zahlreichen Pro-Tour-Profis gespickte Feld an. Am Lattenberg war das Feld aber wieder dran und die Profis insbesondere von BORA-hansgrohe sorgten für ein so schnelles Tempo, dass das Feld in viele kleine Gruppen zerfiel und an der 250 m langen und bis zu 33 Prozent steilen Hirschberger Wand musste Gießelmann auf den letzten Metern vor der Kuppe abreißen lassen und die knapp 40 köpfige Spitzengruppe ziehen lassen. „Die Gruppe war einfach zu stark für mich und BORA hat nach dem Anstieg weiter aufs Tempo gedrückt, so dass wir die Lücke nicht mehr zufahren konnten“, erklärte der 23-jährige Bielefelder, der in Köln Sport-Management und Kommunikation studiert und derzeit die meisten Trainingskilometer als Fahrradkurier sammelt. „In der zweiten Gruppe war ich dann einer der stärksten Fahrer und musste viel Arbeiten, dass die Gruppe am laufen bleibt. Danach ist der Abstand nach vorne dann gar nicht mehr viel größer geworden, weil die Profis sich nach dem hohen Tempo und bewussten Ausscheidungsfahren selber wieder sortieren mussten“, so Gießelmann, der mit 20:18 Minuten Rückstand auf neuen Deutschen Meister und früheren Tour de France-Etappensieger Nils Pollit (4:34:59 Std., BORA-hansgrohe) erreichte. Zufrieden zeigte sich Gießelmann über seine neue „Rennmaschine“. „Die hat mich noch mal richtig motivier du für Schub gesorgt“, so der 23-jährige RSVer, dessen nächstes größeres Rennen das Bundesliga-Rennen im Rahmen des 24-Stundenrennens am Nürburgring ist.