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20.03.2025

Weltstar Erik Zabel in Gütersloh

Radsport: RSV Gütersloh hat für seine ausgebuchte Teampräsentation am Freitag den umstrittenen Erik Zabel als Ehrengast eingeladen. Verein rechnet mit kritischen Kommentaren.

Von Uwe Kramme

Gütersloh. Hans-Peter Durst, Olaf Ludwig, Fabian Wegmann, Jörg Ludewig, Christian Knees, Marcel Kittel und im letzten Jahr Andre Greipel. Die Liste der Ehrengäste bei der Teampräsentation des RSV Gütersloh liest sich schon lange wie ein Auszug aus dem Who‘s Who des deutschen Radsports. Trotzdem ist es den Grünweißblauen gelungen, noch einen draufzusetzen.
Am morgigen Freitag, 21. März, kommt zu dieser in Radsportkreisen fast schon Kultstatus genießenden Veranstaltung mit Erik Zabel ein Weltklassesprinter, der mit seinen zahllosen Siegen für das Team Telekom in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren den Radsport in Deutschland geprägt und vor allem bei den Übertragungen von der Tour de France Millionen Zuschauer vor die Fernsehgeräte gelockt hat.
„Zumindest zwischen Hannover und Köln gibt es keinen Verein, der etwas Vergleichbares auf die Räder bringt“ freut sich Hansi Eggert, der Geschäftsführer des RSV Gütersloh, über das enorme Interesse an der Teampräsentation 2025. Die gut 200 Eintrittskarten seien jedenfalls „im nu vergriffen“ gewesen. „Das hätte ich niemals für möglich gehalten, als wir seinerzeit mit vier, fünf Bierzeltgarnituren für die Familien unserer Fahrer angefangen sind.“
Allerdings sei der Stellenwert dieses Saisonstarts als gute Gelegenheit, den Verein in der Öffentlichkeit zu präsentieren, inzwischen aber auch ein ganz anderer. Auch, aber nicht nur, weil es weniger Rennen gebe, räumt Eggert ein. Der vom szenekundigen Rennsprecher Boris Fastring und von Marcel Klöpping, dem ehemaligen Unternehmenssprecher der im Profiradsport engagierten Bielefelder Dr.-Wolf-Gruppe moderierte Radsport-Abend im Autohaus des RSV-Sponsors Markötter beginnt um 18 Uhr.
Allerdings hätte sich der RSV Gütersloh nach der Stippvisite des absoluten Sympathieträgers Andre Greipel vor Jahresfrist mit Auswahl und Einladung des nächsten Ehrengastes schwergetan, räumt sein Geschäftsführer ein. Nicht etwa, weil es an Kandidaten gefehlt hätte. „Sondern weil einige von denen, die wir jetzt noch auf dem Zettel haben, nicht unproblematisch sind, so wie auch Erik Zabel.“ Tatsächlich hat der 54 Jahre alte Berliner nicht nur mit seinen beeindruckenden Rennerfolgen Radsportgeschichte geschrieben. In seiner großen Karriere, die 1988 mit dem fünften Platz im Punktefahren bei der Junioren-Weltmeisterschaft für die DDR auf Touren gekommen ist, gibt es auch dunkle Doping-Kapitel.
Im Mai 2007 gestand Erik Zabel, bei der Tour de France 1996 eine Woche lang Doping mit Epo betrieben zu haben, sprach von einer Art Testphase und fügte, wie im Spiegel-Artikel „Doping-Beichte unter Tränen“ festgehalten wird, hinzu, dass er danach nie wieder gedopt habe. Weil es zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt war, gab es keine Bestrafung für dieses Dopingvergehen. Zabel, 1996 Gewinner des Grünen Trikots für den punktbesten Fahrer, behielt seinen Platz in der Siegerliste der Tour.
2013 legte ein Report der Anti-Doping-Kommission des französischen Senats über 2004 mit neuen Testverfahren vorgenommene Untersuchungen von Urinproben bei der – von Zabel ebenfalls in grün beendeten – Tour de France 1998 jedoch nahe, dass der deutsche Ausnahmesprinter erneut mit Epo gedopt hatte. Kurz darauf gestand Zabel, der 2008 seine Karriere beendet hatte, von 1996 bis 2003 mit Epo, Cortison und Eigenblut gedopt zu haben. „Meine Schuld wird mich immer begleiten“, titelte die Süddeutsche Zeitung.
„Wir haben im Vorstand lange diskutiert, ob wir ,Ete‘ einladen sollen oder nicht“, berichtet Hansi Eggert. Den Ausschlag hätte gegeben, dass ein Ex-Weltstar mit so einer Vergangenheit den wissbegierigen eigenen Nachwuchsfahrern womöglich noch viel mehr auf ihren weiteren Weg mitgeben könnte, als ihnen von tollen Rennen, großen Siegen, schmerzhaften Niederlagen, ausgeklügelten Renntaktiken und hartem Training zu erzählen wie seine Vorgänger in Gütersloh. „Ich bin gespannt, welche Themen unsere Moderatoren setzen, welche Fragen sie stellen, welche Antworten sie bekommen“, sagt der Geschäftsführer des RSV. In Sachen Doping sei es im Radsport in letzter Zeit ja „sehr ruhig, vielleicht sogar etwas zu ruhig“ geworden, fügt Eggert nachdenklich hinzu.
Bestärkt sehen sich die RSV-Verantwortlichen in ihrer Entscheidung allerdings nicht nur durch die „große und durchweg positive Resonanz“ (Eggert) auf die Einladung zur Teampräsentation 2025. „Erik Zabel und sein Sohn Rick, ebenfalls ein ehemaliger Profi, sind in letzter Zeit ja in etlichen Talkshows aufgetreten und haben sehr offen geredet und zudem viel über ihre interessanten, aktuellen Tätigkeiten im Radsport preisgegeben“, stellt Eggert fest. Anders als in den Vorjahren rechne er allerdings damit, dass es dieses Mal „gerade in den sozialen Medien“ aber auch „kritische Kommentare nach dem Motto, wie könnt ihr einen Dopingsünder nur zu Wort kommen lassen, geben könnte.
Kritische Worte – gerne auch von Erik Zabel – würde sich der Geschäftsführer des RSV Gütersloh dagegen zu einem ganz anderen Thema sogar wünschen. Eggert sieht nämlich den (Vereins-)Radsport wegen der Renngemeinschaften, die sich dank geänderter Regularien vermehrt bilden würden, vor einer schwierigen Saison 2025. „Man kann doch inzwischen alle vier Wochen in einem anderen Trikot fahren“, schimpft Eggert. „Dabei bringen nicht die Renngemeinschaften die Talente hervor, sondern es sind die Vereine, denen durch diese Entwicklung auch noch das Akquirieren von Sponsoren schwer gemacht wird.“

Zur Person
Der am 7. Juli 1970 in Ost-Berlin geborene Erik Zabel, ist einer der erfolgreichsten deutschen Radrennfahrer. Neben dem Gewinn zahlreicher Klassiker wie Mailand – Sanremo 1997, 1998, 2000 und 2001 begründete der Sprintspezialist seinen Ruf vor allem mit spektakulären Auftritten bei den großen Landes-Rundfahrten. Mit zwölf Etappensiegen sicherte sich Zabel von 1996 bis 2001 sechsmal das Grüne Trikot des besten Sprinters bei der Tour de France. Bei der Vuelta a Espana setzte sich der Deutsche Straßenmeister von 1998 und 2003 auf acht Etappen durch und sicherte sich dreimal das Blaue Trikot des Punktbesten. 2008 beendete Zabel seine 1993 mit dem Wechsel vom RC Olympia Dortmund zum Team Telekom begonnene Profikarriere im Team Milram. Nach seiner aktiven Zeit arbeitete Zabel als Berater bei Rennen und in diversen Profiteams sowie als Markenbotschafter des deutschen Radherstellers Canyon.